Hochkarätige Bauwerke international renommierter Architekturbüros wie Hilmer & Sattler und Albrecht, David Chipperfield, Modersohn & Freiesleben und Bernd Albers prägen das von 2000 bis 2004 errichtete Ensemble rund um den Inge-Beisheim-Platz. Städtebaulich verbindet es den lebendigen Potsdamer Platz im Süden mit dem idyllischen Tiergarten im Norden.
Im Zentrum steht das Beisheim Center, ein zehnstöckiges Bürogebäude von Hilmer & Sattler und Albrecht Architekten. Die Gliederung der Fassaden aus gelbem Sandstein schafft eine harmonische Balance zwischen horizontalen und vertikalen Elementen. Inspiriert ist sie vom First Leiter Building in Chicago, 1879 von William Le Baron Jenney entworfen und eines der ersten Bürohochhäuser überhaupt. Das Beisheim Center erinnert so an die Aufbruchstimmung, mit der die School of Chicago Ende des 19. Jahrhunderts dank technischer Erfindungen wie der Eisenbetonkonstruktion und des Fahrstuhls die Hochhausarchitektur revolutionierte. Eine Aufbruchstimmung, die sinnbildlich auch für das Berlin am Anfang des 21. Jahrhunderts steht.
The Ritz Carlton, ebenfalls von Hilmer & Sattler und Albrecht, liest sich dagegen als moderne Interpretation des Art-déco-Stils: eine Hommage an die Goldenen Zwanziger. Zum Potsdamer Platz dominiert ein Turmbau mit 19 Stockwerken, dessen Vertikalität durch die Fassadengestaltung auf geschickte Weise zusätzlich gesteigert ist. Besonders elegant ist der kunstvoll geschmückte, über zwei Etagen reichende Haupteingang. Nach Norden treppt sich das Gebäude schrittweise ab und fügt sich mit 35 Metern in den baulichen Kontext des Beisheim Centers ein.
Die zehnstöckigen Parkside Apartments von David Chipperfield Architects liegen im nordwestlichen Bereich des Areals und grenzen an den Henriette-Hertz-Platz und den Tiergarten. Die Verkleidung in hellem Muschelkalk knüpft an die Tradition des „Steinernen Berlin“ an, ein Begriff, den der Architekturkritiker und leidenschaftliche Sozialdemokrat der Weimarer Republik Werner Hegemann prägte. Mittels mehrerer Strategien gelingt es Chipperfield dabei im Sinne der „kritischen Rekonstruktion“, das architektonische Erbe zeitgenössisch neu zu interpretieren: Der Block ist in zwei ungleichgroße Hälften gegliedert, die bodentiefen Fenster und Balkone sind asymmetrisch über die Fassaden platziert und die Gebäudeecken abgerundet.
Auch das Bürohaus von Modersohn & Freiesleben fügt sich mit historischen Bezügen in das Ensemble ein. Die klassische dreigliedrige Fassade besitzt einen vorragenden Dachüberstand und ist mit grünlichem Verde-Salvan-Granitstein verkleidet. Das Fensterraster und die im Sockelgeschoss in strenger Symmetrie positionierte Eingangstür mit flankierenden Schaufenstern verleihen dem Bau eine gewisse Rigidität, die jedoch durch spielerische Details wie die Fensterbrüstungen konterkariert wird. Die hier zum Einsatz kommende florale Ornamentik geht auf Zeichnungen eines weiteren Pioniers der Chicagoer Hochhausarchitektur zurück: Louis Sullivan. Berühmt ist er nicht zuletzt für sein Bonmot „Form follows function“, das später von Ludwig Mies van der Rohe aufgegriffen und zu einer Maxime des Bauhauses werden sollte.
Das elfgeschossige Marriott Hotel entwarf Bernd Albers mit einem U-förmigen Grundriss. Profilierte Wandpfeiler rhythmisieren die Fassaden in hellem portugiesischem Sandstein und scheinen sie leicht in Schwingungen zu versetzen. Der Eingang ist im um wenige Achsen zurückgesetzten Bauteil im Südwesten platziert und öffnet sich damit stimmig zum Inge-Beisheim-Platz und dem Brunnen mit der geschwungenen Metallplastik Phoenix des Künstlers Gidon Graetz. Im Inneren gruppieren sich die Hotelzimmer um ein eindrucksvolles, 35 Meter hohes Atrium mit Oberlicht.
Heute ist der Potsdamer Platz Sitz international agierender Unternehmen und wichtiger Finanzstandort, eine der hochkarätigsten Shopping-Destinationen und mit seinem vielseitigen Gastronomie- und Freizeitangebot attraktiver Anziehungspunkt in der Stadt. Alljährlich zur Berlinale strömt die internationale Prominenz der Filmbranche herbei und zeigt, wie glamourös die Stadt sein kann. Mit der Philharmonie, Gemäldegalerie, Neuer Nationalgalerie und dem Gropius Bau finden sich eine Reihe der weltweit wichtigsten Kulturinstitutionen in direkter Nachbarschaft. Als eine der beliebtesten Besucherattraktionen gilt der Platz jedoch auch wegen seiner von Höhen und Tiefen geprägten Geschichte, die geradezu exemplarisch für ganz Berlin stehen kann.
Der Potsdamer Platz entstand im Jahr 1734 mit der Eingemeindung der Friedrichstadt zu Berlin. Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte er sich zu einem pulsierenden Zentrum der neuen Hauptstadt des Deutschen Reichs: 1885 eröffnete mit dem Hotel Bellevue das erste Grandhotel am Potsdamer Platz, ein Stadtpalais im Stil der Neorenaissance. Neben luxuriösen Hotels empfing zudem in Sichtweite am Leipziger Platz ab 1896 das elegante Kaufhaus Wertheim die betuchte Kundschaft. Bald galt der Potsdamer Platz in ganz Europa als Inbegriff für mondänen Chic.
Die technische Modernität, die schier atemlose Dynamik eines der damals verkehrsreichsten Plätze Europas und die Verlockungen der Nacht zogen auch Maler und Literaten des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit in den Bann. Legendärer Treffpunkt der Szene war das Café Josty, das sich in Texten und Gedichten unter anderem von Erich Kästner oder Paul Boldt verewigt findet. Der expressionistische Maler und Mitglied der Künstlergruppe „Die Brücke“ Ernst Ludwig Kirchner übersetzte den Zeitgeist in seinem berühmten „Potsdamer Platz“ von 1914 kongenial in ein Gemälde: Es zeigt den Platz in einer rauschhaften mitternächtlichen Szene, getaucht in expressive Farben.
Nach dem Ersten Weltkrieg drehte sich die Welt auf dem Potsdamer Platz mit ungebremster Geschwindigkeit weiter: Tagsüber strömten Geschäftsleute und Angestellte in die mit modernen Annehmlichkeiten ausgestatteten Bürohäuser wie das avantgardistische Columbushaus von Erich Mendelsohn. Nachts trafen sich die Vergnügungssuchenden im Haus Vaterland, einem berüchtigten Amüsiertempel mit Restaurants, Bars, Ballsaal, Kino und Varietéshows, dessen Festbeleuchtung den Potsdamer Platz erhellte.
Die Herrschaft der Nationalsozialisten bedeutete eine fatale Zäsur auch für den Potsdamer Platz. Das Kaufhaus Wertheim, als „jüdisch“ eingestuft, wurde 1937 enteignet, die alliierten Luftangriffe von 1943/44 zerstörten einen Großteil der Gebäude. Nach der Befreiung Berlins lag der Platz über mehr als vier Jahrzehnte im Grenzgebiet zwischen US-amerikanischem, britischem und sowjetischem Sektor. Der Bau der Berliner Mauer ab 1961 verwandelte den Ort in ein schwer befestigtes Niemandsland zwischen West- und Ost-Berlin, die noch stehengebliebenen Bauten wurden abgerissen. Diese unerfüllte Leere lässt sich vielleicht am feinfühligsten in Wim Wenders’ preisgekröntem Filmklassiker „Der Himmel über Berlin“ nacherleben.
Die deutsche Wiedervereinigung und die Wahl Berlins als neue Hauptstadt war die Initialzündung, um am Potsdamer Platz mit dem Beisheim Center neue, hohe Ziele zu stecken. Senatsbaudirektor Hans Stimmann plädierte für einen Aufbau im Sinne der „kritischen Rekonstruktion“. Der städtebauliche Masterplan von Architekt Richard Rogers verfolgte schließlich das Konzept einer „Hochhaus-City für das 21. Jahrhundert“, die mit öffentlichen Plätzen hohe Aufenthaltsqualitäten für Bewohner und Besucher bieten sollte. Im Jahr 2000 begann der Bau des Beisheim Centers, das schon fünf Jahre später eröffnet werden konnte.